Anzeige
Bundesliga live in sat.1, auf ran.de und joyn

1. FC Köln vs. VfB Stuttgart - Urs Meier im ran-Interview: "Wäre Demirovic umgefallen, würde niemand darüber diskutieren"

  • Aktualisiert: 29.09.2025
  • 22:44 Uhr
  • Christian Stüwe

Der frühere FIFA-Schiedsrichter Urs Meier ordnet im exklusiven ran-Interview den kuriosen Elfmeter in Köln ein und spricht über die Auslegung der Handspielregel.

Von Christian Stüwe

Im deutschen Fußball standen am Wochenende wieder einmal die Schiedsrichter im Blickpunkt.

Der kuriose Elfmeter in Köln, als Ermedin Demirovic vom VfB Stuttgart nach einem Tritt von FC-Torwart Marvin Schwäbe einfach weiterspielte und trotzdem vom VAR einen Elfmeter bekam, sorgte für hitzige Diskussionen.

Beim 6:4-Sieg von Eintracht Frankfurt bei Borussia Mönchengladbach wurde ein Handspiel nicht geahndet, ebenso in der 2. Bundesliga bei der Niederlage des 1. FC Nürnberg gegen Hertha BSC.

Für Aufsehen sorgte auch Klaus Gjasula. Der ehemalige Bundesliga-Spieler und jetzige Akteur von Rot-Weiss Essen forderte, dass Schiedsrichter für Fehlentscheidungen bestraft werden müssten.

Der frühere FIFA-Schiedsrichter Urs Meier ordnet alle diese Punkte im Interview mit ran ein.

Anzeige
Anzeige

Bundesliga und 2. Liga kostenlos auf Joyn

Anzeige
Anzeige

1. FC Köln vs. VfB Stuttgart: Urs Meier ordnet Elfmeter ein

ran: Herr Meier, beim Spiel des 1. FC Köln gegen den VfB Stuttgart am Sonntag kam es zu einer kuriosen Situation. Kölns Torwart Marvin Schwäbe traf Stuttgarts Ermin Demirovic klar im Strafraum am Fuß, Demirovic spielte aber weiter. Der VAR entschied wenig später auf Elfmeter. War die Entscheidung korrekt?

Urs Meier: Ja, für mich ist es eine korrekte Entscheidung. Er trifft ihn, aber Demirovic ist ein sehr fairer Spieler und versucht weiterzuspielen. Er hätte sich einfach fallen lassen können, so wie es die meisten Spieler gemacht hätten. Aber das heißt nicht, dass es kein Foulspiel war. Demirovic wurde getroffen, der Treffer hatte eine Wirkung und er wurde aus dem Tritt gebracht. Von daher ist es absolut richtig, dass eingegriffen und der Elfmeter gegeben wurde.

ran: Sowohl Kölns Trainer Lukas Kwasniok als auch FC-Sportdirektor Thomas Kessler haben sich nach Abpfiff mit deutlichen Worten beschwert, dass der VAR eingegriffen hat. Hätte man das Spiel auch weiterlaufen lassen können?

Meier: Nein, es war ein klares Foulspiel, man sieht es auf den Bildern. Dann ist es richtig, dass der VAR eingreift. Wäre Demirovic umgefallen, würde niemand darüber diskutieren. Die Kölner ärgern sich vermutlich, weil Demirovic weitergespielt hat. Aber wenn der VAR den Treffer am Fuß gesehen hat, muss er eingreifen. Dann kann der Schiedsrichter rausgehen, sich die Szene anschauen und bei seiner Entscheidung bleiben, wenn er davon überzeugt ist. Dass man dem Schiedsrichter in so einer Situation die Möglichkeit gibt, sich die Szene anzuschauen, ist absolut im Sinne des Erfinders des VAR.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

1. FC Köln: Elfer-Ärger! Trainer Lukas Kwasniok rechnet mit VAR ab

ran: Ansonsten hätte es vermutlich von der anderen Seite Beschwerden gegeben, wenn der VAR nicht eingegriffen hätte?

Meier: Natürlich. Nochmal: Es ist immer schwierig, solche Entscheidungen zu verkaufen, wenn der betroffene Spieler weiterspielt und nicht umfällt. Aber warum sollte ein Spieler, der sich fair verhält, benachteiligt werden? Früher war der Engländer Michael Owen so ein Spieler, der nie umgefallen ist und immer versucht hat, weiterzuspielen. Er wurde gehalten, gestoßen und hat immer versucht, auf den Beinen zu bleiben. Er hat einige Elfmeter nicht bekommen, weil diese Entscheidungen einfach unglaublich schwer zu verkaufen sind. Deshalb finde ich es gut, dass man hier auf Elfmeter entschieden hat. Weil sich Demirovic unheimlich fair verhalten hat.

Bundesliga: Urs Meier wundert sich über Gladbach-Szene

ran: Einen anderen Aufreger gab es am Samstag beim Spiel Borussia Mönchengladbach gegen Eintracht Frankfurt, als in der 62. Minute Gladbachs Yannick Engelhardt den Ball recht eindeutig mit der Hand gespielt hat. Schiedsrichter Florian Exner hat aber keinen Elfmeter gegeben. Warum ist auch die Korrektur durch den VAR nach Ihrer Meinung ausgeblieben?

Meier: Das frage ich mich auch. Da hat es nicht funktioniert. Ich weiß nicht, ob es die Kommunikation zwischen Schiedsrichter und VAR war, oder ob der Schiedsrichter von seiner Entscheidung so überzeugt war. Dann hätte er es aber klar anzeigen müssen. Der Video-Assistent hat in einem Spiel mit so vielen Toren sehr viel zu tun. Alle Tore müssen überprüft werden, vielleicht war er gerade bei einer anderen Szene. Ich weiß es nicht. Wir haben teilweise die Problematik, dass Schiedsrichter in solchen Situationen keine eindeutigen und sichtbaren Entscheidungen mehr treffen, was den Video-Assistenten das Leben schwerer macht. Da würde ich mir wünschen, dass wieder mehr Verantwortung von den Schiedsrichtern auf dem Spielfeld übernommen wird.

Urs Meier leitete 883 Spiele als Profi-Schiedsrichter.
Urs Meier leitete 883 Spiele als Profi-Schiedsrichter.© Langer

ran: Ein weiteres nicht geahndetes Handspiel gab es in der 2. Bundesliga beim Duell zwischen dem 1. FC Nürnberg und Hertha BSC. Ganz allgemein gefragt: Warum tut sich der VAR mit der Beurteilung nach wie vor so schwer?

Meier: Nicht nur der VAR, auch der Schiedsrichter auf dem Feld tut sich schwer. Das ist ein Problem mit der Handspielregel, das wir in Deutschland gefühlt schon seit zehn Jahren haben. Ich habe vor vielen Jahren schon gefordert, dass man die Schiedsrichter einfach mal Fußball spielen lassen soll. Damit sie in Zweikämpfe und Kopfballduelle gehen und ein Verständnis dafür bekommen, was der Körper, was die Arme beim Fußballspielen machen. Das hat mit Fußballverstand zu tun. Was ist eine unnatürliche Bewegung, was ist natürlich? Wenn man das erkennt, ist die Handspielregel eigentlich ganz einfach auszulegen.

ran: Was könnte noch getan werden?

Meier: Die Auslegung, die Interpretation der Handspielregel, müsste einheitlicher werden. Mal wird gepfiffen, mal nicht. Mal wird diese Auslegung der Regel gebraucht, dann wieder eine andere. Dann werden Begriffe wie "abgespreizter Arm" oder "Körperflächenvergrößerung" benutzt, die irgendwann mal in Deutschland eingeführt wurden. Sie haben aber nicht zu einer Verbesserung geführt, sondern zu einer Verunsicherung. Weil nicht jeder "abgespreizte Arm" oder jede "Körperflächenvergrößerung" ein Handspiel ist. Es geht um die Dynamik, die Absicht, die Natürlichkeit und das Verständnis. Es geht einfach um Fußballverständnis.

Anzeige

Bundesliga: Alexander Blessin mit Schiri-Frust - "Klarheit fehlt"

Anzeige

Bundesliga-Schiedsrichter: Einheitliche Linie gefordert

ran: Auch Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe hat zuletzt in dem Videopodcast "Gräfes VARheit" eine einheitliche Linie gefordert. Als Beispiel nannte Gräfe unter anderem Augsburgs Trainer Sandro Wagner, der einen Ball auf den Platz geworfen hatte und mit einer Gelben Karte davonkam, während Union Berlins Trainer Steffen Baumgart, der eine Papierkugel auf das Spielfeld kickte, die Rote Karte gesehen hat. Fehlt Ihnen hier auch die einheitliche Linie?

Meier: Absolut. Wenn Schiedsrichter einheitlich auftreten, sind sie nicht angreifbar. Treten sie uneinheitlich auf, machen sie sich angreifbar. Die einheitliche Linie fehlt mir, da bin ich ganz bei Manuel Gräfe. Sandro Wagner hat absichtlich zweimal den Ball reingeworfen. Das ist Absicht, das ist eine grobe Unsportlichkeit, das ist eine Rote Karte. Da gibt es nichts zu diskutieren. Wird so entschieden, könnte man möglicherweise auch die Rote Karte für Baumgart akzeptieren. Es wurde aber andersrum entschieden und ich kann verstehen, dass sich dann beschwert wird. Das liegt tatsächlich an den Schiedsrichtern, sie müssen eine Einheitlichkeit hinbekommen. Das schaffst du, indem du dir die Szenen mit allen Schiedsrichtern gemeinsam anschaust. Das müsste eigentlich an jedem Montag nach den Spieltagen passieren.

ran: In der Dritten Liga hat Klaus Gjasula von Rot-Weiss Essen nach einer sehr harten Roten Karte gegen ihn Geldstrafen für Schiedsrichter nach Fehlentscheidungen gefordert. Wie sehen Sie diese Forderung?

Meier: Das finde ich genial (lacht). Dann müsste man bei den Spielern aber dasselbe auch machen und ihnen das Gehalt kürzen, wenn sie Fehler machen. Nein, das ist natürlich absoluter Quatsch. Viele Menschen wissen nicht, dass Schiedsrichter, die Fehler machen, bestraft werden. Sie werden dann unter Umständen in einer tieferen Liga eingesetzt, wo es weniger Geld gibt. Oder sie werden eine Zeit lang gar nicht mehr eingesetzt. Wenn ein Schiedsrichter seine Leistung nicht bringt, geht das ins Geld. Da braucht es im Schiedsrichterwesen keine Geldstrafen mehr für Fehlentscheidungen.

Mehr News und Videos
Rouven Kasper arbeitet künftig für den VfB Stuttgart
News

Das fehlende Puzzleteil? Wo Kasper den Bayern hilft

  • 29.09.2025
  • 22:47 Uhr