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DFB-Team: Erkenntnisse der Blamage in der Slowakei - Versagen auf allen Ebenen
- Aktualisiert: 05.09.2025
- 14:43 Uhr
- Tobias Hlusiak
Die deutsche Nationalmannschaft erlebt zum Auftakt der WM-Qualifikation in der Slowakei eine böse Bruchlandung. Die Partie hinterlässt viele Fragezeichen, aber auch Erkenntnisse.
Aus Bratislava berichtet Tobias Hlusiak
Nach der bedrückenden Leistung beim Final-Four der Nations League war gleich zu Beginn des Länderspieljahres 2025/26 Druck auf dem DFB-Kessel.
Die verheerende Leistung samt 0:2 (0:1)-Niederlage in der Slowakei hat diesen noch um ein Vielfaches verstärkt.
Plötzlich scheint sogar die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in einem Jahr in Gefahr. Vom Titel – der als ausgelobtes Ziel über allem schwebt – dürfte in Zukunft eher nicht zu reden sein.
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"Wenn wir so auftreten wie heute, wird das sicherlich nix mit der Qualifikation. Jeder muss spüren, was auf dem Spiel steht", sagte Kapitän Joshua Kimmich.
Julian Nagelsmann prangerte die Leistungsbereitschaft seiner Mannschaft an: "Wenn wir die Emotionalität nicht hinkriegen, dann kann man das Buch zumachen, weil dann spielt Qualität keine Rolle."
Nicht nur das dürfte eine wichtige Erkenntnis für den Bundestrainer sein.
Das Wichtigste in Kürze
DFB-Team: Die Mannschaft hat ein Grundsatzproblem
Nagelsmann wirkte nach der historischen, weil ersten Auswärtsniederlage einer deutschen Männer-Nationalelf in der WM-Qualifikation fast persönlich gekränkt.
In seinem Kader hätten am Donnerstag "vermeintlich" bis auf einige Ausfälle Deutschlands beste Spieler gestanden, motzte er.
Aber vielleicht „müssen wir dann tatsächlich weniger auf Qualität setzen, sondern auf Spieler, die einfach nur alles reinwerfen, weil das hätte heute zu besseren Ergebnissen geführt, als wenn die besten Spieler spielen".
Rumms!
Die Worte des 38-Jährigen dürften gesessen haben. Immerhin lässt sich kein Fußballprofi gern das Engagement absprechen oder fehlende Emotionalität unterstellen.
Das aber scheint für die DFB-Elf in ihrer derzeitigen Zusammenstellung ebenso angemessen wie ein Muster zu sein.
"Wir brauchen nicht über System oder Taktik zu sprechen, das ist einzig und allein eine Einstellungssache – und das war auch schon in den letzten Spielen unser Problem", stellte auch Kimmich klar.
Ergebnis ist eine alarmierende Abwärtsspirale, was die Ergebnisse angeht. Im Kalenderjahr 2025 konnte man nur in Italien gewinnen. Das 2:1 im Viertelfinal-Hinspiel der Nations League ist der einzige Sieg der DFB-Elf in den vergangenen sechs Partien.
Die letzten drei hat man in Folge verloren.
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DFB-Team: Es fehlt schlicht die Qualität
Und das ist nicht ausschließlich über den Einstellungsweg erklärbar. Nicht erst seit den herben Niederlagen im Finalturnier der Nations League ist klar: Es gibt ein eklatantes Qualitätsproblem.
Natürlich fehlten in der Slowakei mit Jamal Musiala, Marc-Andre ter Stegen und Kai Havertz drei Stammspieler. Es ist aber nicht so, dass der Bundestrainer eine weitaus bessere Schattenelf in der Hinterhand hätte – im Gegenteil.
Die Lücken, die durch die Rücktritte von Manuel Neuer, Thomas Müller, Toni Kroos und auch Ilkay Gündogan gerissen wurden, scheinen zu groß. Sowohl spielerisch als auch als Führungsspieler hat noch niemand ihr Erbe angetreten.
Die Nationalmannschaft jagt niemandem mehr Angst ein, nicht einmal dem Weltranglisten-52. aus der Slowakei.
DFB-Team: Nagelsmann überfordert die Spieler
Um das zu ändern, sieht sich Nagelsmann – der nun die Hälfte seiner 24 Spiele als Bundestrainer nicht gewonnen hat – immer wieder gezwungen, den eigenen Ansatz komplett über den Haufen zu werfen und neue Dinge zu probieren.
Zuletzt hatte er zum wiederholten Male eine "neue Struktur" angekündigt. Den Worten folgten Taten. In Bratislava lief die deutsche Elf in einem extrem fluiden System mit enorm hochstehenden Außenverteidigern auf.
Die Folge waren blankes Chaos in der Rückwärtsbewegung und fehlende Abläufe im eigenen Ballvortrag. Man konnte den Eindruck gewinnen, die Spieler wussten nicht recht, was genau sie zu tun hatten.
Wie sollten sie auch? Das Problem ist hausgemacht.
Nagelsmann betont seit seinem Amtsantritt immer wieder gebetsmühlenartig, wie wenig Zeit für tatsächliche Einflussnahme er hat, trotzdem plant er komplexe Systemrochaden, die eigentlich eingeschliffen werden müssten.
Vor dem Spiel in der Slowakei trainierte die DFB-Elf am Dienstag und Mittwoch jeweils einmal. Die zweite Einheit war bereits das Abschlusstraining.
Kein Wunder, dass die Mannschaft mit der neuen Ausrichtung fremdelte.
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DFB-Team: Hin und Her mit Kimmich ist kontraproduktiv
Neu war auch wieder einmal die Rolle Kimmichs.
Der vom eigenen Trainer einen Tag vor dem Spiel als "bester Rechtsverteidiger im Kader" gepriesene Kapitän, ist nun wieder im Zentrum vorgesehen.
Und so spielte der 30-Jährige gegen die Slowakei eine Art freien Mann. Mal auf der Sechs, dann hinten rechts oder immer wieder zwischen den eigenen Innenverteidigern.
"Das war der Plan", bestätigte der Bayern-Star selbst. Allerdings ging dieser überhaupt nicht auf.
Weil Nnamdi Collins als Kimmich-Erbe auf der rechten Seite zudem ein Albtraum-Debüt erlebte und in Halbzeit zwei der ausgewiesene Linksfuß Maxi Mittelstädt die Position bekleidete, dürften schon vor dem Spiel am Sonntag gegen Nordirland (ab 20:45 Uhr live und kostenlos auf Joyn) umfangreiche Diskussionen geführt werden.