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FC Bayern München und Bayer Leverkusen: Die Erkenntnisse zum Bundesliga-Topspiel
- Aktualisiert: 29.09.2024
- 12:36 Uhr
- Chris Lugert
Das große Spektakel blieb aus, dennoch lieferte das Topspiel zwischen dem FC Bayern München und Bayer Leverkusen einige wichtige Erkenntnisse auch für die kommenden Wochen. ran zeigt sie.
Von Chris Lugert und Martin Volkmar
Nicht wenige Experten hatten im Topspiel zwischen dem FC Bayern München und Bayer Leverkusen am Samstag ein Schützenfest erwartet, doch es kam anders.
Während auf der Wiesn feuchtfröhlich gefeiert wurde, bekamen die Fans in der Allianz Arena beim 1:1 eher Magerkost serviert. Höhepunkte gab es nur wenige, dafür trotz des ereignisarmen Spiels umso mehr Erkenntnisse.
ran zeigt die wichtigsten Schlussfolgerungen, die sich aus dem Spiel ziehen lassen.
Xabi Alonso kann auch Catenaccio
Eigentlich formt sich die fußballerische Identität von Bayer Leverkusen unter Xabi Alonso aus Offensive und Kombinationsspiel. Doch in den vergangenen Wochen fehlte dem Team - anders als in der Meistersaison - die Balance zwischen Angriff und Abwehr. Und das hatte sichtbare Folgen.
Satte neun Gegentore fing sich die Werkself an den ersten vier Bundesliga-Spieltagen, also mehr als zwei im Schnitt. Viel zu viel für ein Spitzenteam. Und ausgerechnet mit dieser Wackelabwehr ging es zum FC Bayern, der zuletzt jeden Gegner nach Strich und Faden vermöbelte. Alonso, das war klar, musste sich etwas einfallen lassen.
Und der Spanier lieferte. Mit einer destruktiven, aber extrem effektiven Taktik ging er das Topspiel an. Bayer überließ den Münchnern den Ball und presste kaum, stattdessen versammelten sich alle zehn Feldspieler innerhalb von gut 35 bis 40 Metern vor dem eigenen Tor. Damit sollte den Bayern der Raum zum Kombinieren genommen werden.
Das Wichtigste in Kürze
"Wir sind selbstkritisch. Wenn wir jedes Spiel drei Tore bekommen, reicht es nicht. Entsprechend war heute das Ziel, kompakt zu stehen und wenig zuzulassen", erklärte Granit Xhaka bei "Sky" die Herangehensweise. Und der Plan ging auf. Abgesehen vom Sonntagsschuss von Aleksandar Pavlovic und der Doppelchance von Serge Gnabry kurz nach der Pause kamen die Münchner trotz klarer optischer Überlegenheit zu keinen gefährlichen Aktionen.
Auch wenn es mit dem Ball dann doch deutlich weniger war, als es sich Leverkusen erhofft hatte, so war dieses Spiel der nächste Schritt auf der Karriereleiter des Trainers Alonso. Denn der 42-Jährige trat den Beweis seiner taktischen Flexibilität an. Eine größere Auszeichnung kann es für einen Coach nicht geben.
Viele Trainer haben eine eigene Spielidee, aber nur die besten unter ihnen sind in der Lage, die eigenen Prinzipien notfalls auch mal über Bord zu werfen, wenn es die Situation verlangt. Hätte Alonso stur an seiner Idee festgehalten, hätte es in München ein böses Erwachen geben können. So aber geht es mit einem wertvollen Punkt im Gepäck zurück an den Rhein.
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Aleksandar Pavlovic hat sich endgültig festgespielt
Sollte es noch Stimmen gegeben haben, die an der Eignung von Pavlovic als Stammspieler des FC Bayern zweifeln, so dürften diese nun endgültig verstummt sein. Der 20-Jährige war nicht nur aufgrund seines Traumtores zum 1:1 einer der besten Spieler beim Rekordmeister (ran-Note: 2).
Wie ein alter Hase baute er das Spiel neben Joshua Kimmich mit auf, war zweikampfstark und machte nicht den Eindruck, von der Wichtigkeit der Partie irgendwie gelähmt zu sein. Im Gegenteil: Pavlovic genoss den Abend in vollen Zügen, blieb dabei aber komplett demütig.
"Ich bin sehr stolz und glücklich und dankbar, dass ich die Chance bekommen habe. Es macht einfach richtig Spaß, mit den Jungs zu zocken", sagte der Nationalspieler. Wie weit er bereits ist, zeigte auch sein Umgang mit dem Leverkusener Führungstreffer. An diesem war Pavlovic direkt beteiligt, weil er die Ecke, die zum Tor führte, durch einen Fehlpass verursachte.
Doch es war Pavlovic selbst, der voranging und sofort Selbstbewusstsein ausstrahlte. Nur wenige Minuten später knallte er den Ball aus der Distanz traumhaft, wenn auch nicht gänzlich unhaltbar für Lukas Hradecky, in den Winkel. "Der Ball kam zu mir und ich habe einfach draufgeschossen", sagte er mit einem Strahlen im Gesicht.
Viele junge Spieler hätten in diesem Moment vielleicht nicht die Traute gehabt. Pavlovic schon. Von der Bank aus dürfte Neuzugang Joao Palhinha zwiespältig auf die Leistung des gebürtigen Münchners geblickt haben. Denn in dieser Form gibt es für Trainer Vincent Kompany kein Vorbeikommen an "Pavlo", wie er genannt wird.
Palhinha bleibt also weiter nur die Bank und ist wohl der größte Bayern-Verlierer des Unentschiedens. Seine Miene war während des Spiels auch schon deutlich finsterer als zu Beginn der Saison. Mit zusammengekniffenen Lippen verfolgte der 50-Millionen-Mann die nächste Glanzleistung von Konkurrent Pavlovic.
Es ist eine frustrierende Situation für den einstigen Wunschspieler von Ex-Trainer Thomas Tuchel, der nun schon dreimal gänzlich ohne Einsatzminute ein Spiel auf der Bank verfolgen musste. "Wir haben jetzt gerade den fünften Spieltag in der Bundesliga, wir haben einen Champions-League-Spieltag", sagte Sportvorstand Max Eberl aufmunternd in Richtung des Portugiesen und ergänzte: "Crunch-Time in den Wettbewerben ist März, April, Mai. Wir werden ihn brauchen."
Pavlovic und Kimmich ergänzen sich derweil aktuell perfekt und haben bereits eine Chemie aufgebaut. Bei der von den Bayern angestrebten Vielzahl an Pflichtspielen wird natürlich jeder seine Chancen bekommen. In den wichtigen Spielen aber ist auf Pavlovic nicht nur Verlass. Er kann sie entscheidend beeinflussen.
Granit Xhaka ist (noch) wichtiger als Florian Wirtz
Viel wurde über das deutsche Zauberduo "Wusiala" geschrieben, tatsächlich blieb das magische Duell zwischen Jamal Musiala und Florian Wirtz an diesem Abend in München aus. Vor allem Wirtz litt extrem unter der Taktik von Alonso, schaffte es aber auch in den wenigen offensiven Momenten nicht, das Besondere zu fabrizieren.
Ein anderer Spieler jedoch zeigte wieder einmal eine ganz starke Leistung. Granit Xhaka verkörperte auf dem Feld den klassischen Anführer. Präsent, auch mal etwas schmutzig, wenn es sein musste, aber vor allem als Zweikämpfer richtig stark. Es lässt sich durchaus sagen: Ohne den Schweizer hätte Leverkusen wohl keinen Punkt geholt, ohne Wirtz aber vielleicht schon.
An den Qualitäten des 21-Jährigen gibt es keinerlei Zweifel. Wirtz ist der größte Faktor in Leverkusens Offensive. Doch wenn die Taktik nicht mitspielt, steht er gerade in diesen wichtigen Spielen dann doch ab und an noch auf verlorenem Posten.
Xhaka hingegen bringt konstant Spiel für Spiel, gegen jeden Gegner und in jeder taktischen Ausrichtung seine Leistung. Auf einer anderen, aber vielleicht sogar wichtigeren Position als Wirtz. Der 32-Jährige schloss die Räume und penetrierte die Bayern-Spieler. Im Verbund mit Robert Andrich war er der Schlüsselspieler für den Punktgewinn.
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Für die Statik im Leverkusener Spiel, für die Umsetzung des Plans und der Balance zwischen Defensive und Offensive nimmt Xhaka eine derart entscheidende Rolle ein, dass er zweifellos als der wichtigste Spieler im gesamten Kader angesehen werden kann. Zumindest noch. Denn es scheint nur eine Frage der Zeit, bis Wirtz so dominant ist, dass auch er Spiele allein entscheidet.
Vincent Kompany besteht die erste Bewährungsprobe
So richtig wusste man noch nicht, wie man die Leistung der Bayern in den ersten Spielen der neuen Saison bewerten soll. Die Gegner wurden mit teils berauschendem Offensivfußball zuletzt reihenweise aus dem Stadion geschossen. Doch die Qualität jener Teams war - bei allem Respekt vor Dinamo Zagreb, Werder Bremen oder Holstein Kiel - eher bescheiden.
Das Topspiel gegen Leverkusen war die erste echte Bewährungsprobe für Vincent Kompany als Bayern-Trainer. Und auch wenn am Ende nur ein Unentschieden steht, so kann diese Probe als bestanden bewertet werden. Die Münchner agierten hochgradig überlegen und waren dem Sieg deutlich näher als der aktuelle deutsche Meister.
Vorstandboss Jan-Christian Dreesen attestierte seinen Angestellten ein "sehr gutes Spiel", Sportvorstand Max Eberl freute sich, dass die Mannschaft "95, 96 Minuten" gezeigt habe, "dass wir das Spiel unbedingt gewinnen wollen". Kurzum war Eberl von der "Art und Weise" begeistert, mit der die Bayern aufgetreten waren. Und das durfte er auch sein.
Denn nicht nur brachten die Gastgeber totale Dominanz in puncto Ballbesitz (66:34 Prozent), Torschüsse (18:3) und Passquote (91:76 Prozent) auf den Platz. Vor allem die Defensive überzeugte gegen den individuell bislang mit Abstand stärksten Gegner in dieser Saison auf ganzer Linie.
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Denn auch wenn Leverkusen bewusst vorsichtiger spielte, so kamen die Gäste erst gar nicht in gefährliche Situationen, weil Dayot Upamecano und Min-jae Kim alles wegräumten. Man frage nach bei Victor Boniface. Die beiden so gescholtenen Innenverteidiger knüpften an ihre zuletzt stabilen Leistungen an. Am Ende gewannen die Bayern sechs von zehn Zweikämpfen.
Upamecano und Kim schicken sich an, doch noch das Pärchen zu werden, auf das man bei Bayern lange gewartet hat. Auch das ist ein Verdienst von Kompany, der den beiden immer wieder das Vertrauen aussprach. Individuelle Patzer des Franzosen und des Südkoreaners, nach denen man häufig die Uhr stellen konnte, scheinen der Vergangenheit anzugehören.