Bundesliga
FC Bayern: Aufschwung von Serge Gnabry nur temporär? - so ist seine Perspektive in München
- Aktualisiert: 28.08.2025
- 11:30 Uhr
- Dominik Hager
Der Bayern-Kader kommt in der Offensive derzeit ziemlich schlank daher. Ein Neuzugang soll noch kommen, einen anderen hat Vincent Kompany gewissermaßen schon an Bord. Serge Gnabry befindet sich nach durchwachsenen Jahren im Aufwind. Doch trügt der Schein?
Dominik Hager
Serge Gnabry ist aktuell wohl das beste Beispiel dafür, wie schnelllebig das Fußballgeschäft ist. Vor rund zwei Monaten schien der 30-Jährige am Tiefpunkt seiner Laufbahn angekommen zu sein.
Gnabry wirkte bei der Klub-WM behäbig, satt und vor dem Tor absolut ungefährlich.
Insbesondere in Fan-Kreisen machte sich Unverständnis darüber breit, warum Vincent Kompany überhaupt noch auf den Offensiv-Allrounder setzt. Zweifel an der Professionalität und der körperlichen Fitness des Großverdieners waren allgegenwärtig.
Nach nur zwei Pflichtspielen zeigt sich plötzlich ein konträres Bild. Ein wie verwandelter Gnabry lieferte für die Bayern im Supercup gegen Stuttgart eine gute und in der Bundesliga gegen Leipzig eine sehr gute Performance.
Erfüllt sich nun doch noch die Sehnsucht nach dem Prime-Gnabry aus dem Jahre 2020? Gewisse Voraussetzungen sind gegeben und der Anfang gemacht. Doch kann man nach zwei Spielen über jahrelange Ups and Downs, Verletzungen und Formkrisen hinwegsehen?
ran erklärt, warum der FC Bayern trotz der jüngsten Lobeshymnen absolute Vorsicht walten lassen muss.
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Serge Gnabry wird mit Lob überschüttet
Intern scheint Gnabry aktuell jedenfalls wieder ein enormes Ansehen zu genießen. Joshua Kimmich bescheinigte seinem Kollegen im Spiel gegen Leipzig bereits beim Gang in die Kabine eine "außergewöhnliche Leistung" und legte nach:
"Seine Abschlussstärke wird er nie verlieren. Es war auch sehr, sehr auffällig, dass er extrem wenig Bälle verloren hat, viele schlaue Entscheidungen getroffen hat und seine Mitspieler immer wieder in Szene setzen konnte", lobte er im "Sky"-Interview.
Zwar kann man jetzt sagen, dass Kimmich über seinen guten Freund und Trauzeugen natürlich nur positiv spricht, jedoch zeigte sich Trainer Vincent Kompany noch euphorischer. "Er hat nicht viele Schwächen. Es gibt keine Highlights ohne Tore oder Vorlagen von Serge, wenn man ehrlich ist", schwärmte der Coach auf der PK und bezeichnete Gnabry als "sehr unterschätzten Spieler".
Max Eberl merkte derweil an, dass Gnabry nach Verletzungen und einem privaten Schicksalsschlag "körperlich da und bereit" sei. "Er hat Lust, es passt von der Kombination mit den Jungs zusammen, die Positionswechsel", fügte er hinzu.
Kann Gnabry dem FC Bayern helfen?
Der Aufschwung von Gnabry trägt wohl auch dazu bei, dass die Verantwortlichen in Sachen Kaderplanung ein wenig entspannter sind. Zwar soll noch ein Spieler kommen, jedoch kann Gnabry - sofern er sich nicht verletzt - zumindest mittelfristig als Stammspieler eingeplant werden.
Aufgrund der Verletzung von Jamal Musiala darf der 30-Jährige aktuell als Zehner bzw. Halbstürmer in einer zentraleren Rolle als gewohnt ran. Eine kleine Veränderung, von der Gnabry enorm profitiert. Der Weg zum Tor ist von hier aus entscheidend kürzer, wodurch der Spieler seine Stärken im Abschluss und im letzten Pass ausspielen kann.
Der Lohn: drei Assists in den ersten beiden Pflichtspielen - anstelle von zahlreichen misslungenen Dribblings, weil er auf Außen nicht mehr an seinen Gegenspielern vorbeikommt.
Gnabry besitzt nicht mehr die enorme Spitzigkeit und Dribbelstärke aus früheren Jahren. Was es nun benötigt, ist eine Version Gnabry 2.0 - also einen spielintelligenten, kreativen und abschlussstarken Gnabry. Dieser muss allerdings auch frei von Verletzungen bleiben.
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Was muss Serge Gnabry beweisen?
Die Kaderplanung der Bayern wirkt wie eine Art Geschenk für Gnabry. Ein klares Indiz, dass das Vertrauen in ihn wieder gewachsen ist. Damit einher geht aber auch eine größere Verantwortung.
Zwar dürfte es schwierig werden, dass Gnabry sein fürstliches Gehalt von angeblich rund 19 Millionen Euro immer zu 100 Prozent rechtfertigen kann, jedoch muss es sein Anspruch als erfahrener Großverdiener sein, voranzugehen und endlich wieder eine konstante Form zu finden.
Schon in den vergangenen Spielzeiten hat Gnabry insbesondere zu Saisonbeginn wieder sein Können aufblitzen lassen, um dann wieder - teilweise über Monate hinweg - völlig auf Tauchstation zu gehen.
So wirklich überraschend sind seine Torbeteiligungen in den letzten Spielen folgerichtig nicht. Gnabry hat meist funktioniert, wenn die Bayern-Offensive als Gesamtes liefert und der Gegner eklatante Abwehrschwächen offenbart - wie es bei Stuttgart und Leipzig gerade auch der Fall ist.
Die alles entscheidende Frage ist, ob Gnabry auch dann liefern kann, wenn es beim FCB mal nicht nach Plan läuft - und gerade in den großen Matches Unterschiedsspieler gefragt sind.
Genau das war in den vergangenen Jahren nicht der Fall. Nach seinen neun Toren in der CL-Saison 2019/20 kam er in der Königsklasse in keiner Spielzeit auf mehr als fünf Torbeteiligungen. In den letzten beiden Saisons waren es nur jeweils zwei Scorer.
Ein solcher Gnabry hilft dem FC Bayern herzlich wenig. Erst wenn er in den großen Spielen wieder liefert, kann man von der großen Rückkehr des Offensivspielers sprechen - nicht nach zwei gelungenen Performances zum Saisonauftakt.
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Vertragende 2026: Wie sollte der FC Bayern jetzt vorgehen?
Der FC Bayern sollte sich zwingend davor hüten, sich von den jüngsten Gnabry-Auftritten blenden zu lassen und sofort über eine Verlängerung nachzudenken.
Es ist ein oft gesehenes Phänomen, dass Spieler im letzten Vertragsjahr plötzlich wieder deutlich stärker performen als in den Jahren zuvor. Häufig verfallen diese Akteure nach der Unterschrift aber wieder in ihren alten Trott.
Gnabry dürfte jedenfalls wegen seiner Vertragssituation und seiner nun wieder guten Aussichten im DFB-Team in Hinblick auf die WM 2026 besonders motiviert sein. Doch wie viel bliebe davon 2026/27 übrig?
Völlig klar ist, dass die Bayern Gnabry nie wieder ein Gehalt von 18 bis 19 Millionen Euro anbieten dürften. Eine Verlängerung wäre wohl nur zu deutlich geringeren Konditionen eine denkbare Möglichkeit.
Derartige Gedanken sollten aber noch in weiterer Ferne liegen. Der FC Bayern kann bei Gnabry einfach auf Zeit spielen und seine Entwicklung beobachten. Wenn der 30-Jährige in der Rückrunde noch immer groß aufspielt, kann man sich noch immer im Frühjahr über eine weitere Zusammenarbeit austauschen.
Bis dahin gilt das Credo: "Füße stillhalten".
Welche Perspektive hat Gnabry beim FC Bayern?
Die aktuelle Phase von Gnabry kann als "Goldener Herbst" bezeichnet werden. Dieser kann aber genauso schnell wieder vorbeiziehen, wie er gekommen ist.
Zunächst hängt vieles davon ab, was bis zum Deadline Day passiert. Kommt ein Nicolas Jackson, ist der Gnabry-Platz gewiss weniger in Gefahr, als wenn plötzlich doch noch der große Xavi-Simons-Knall Realität wird.
Doch selbst wenn gar kein neuer Spieler mehr kommt, hat der Gnabry-Stammplatz beim FCB ein Verfallsdatum. Dieses geht mit dem Comeback von Jamal Musiala einher. Sobald der 22-Jährige wieder fit ist, wird er seine Rolle als Nummer "10" einnehmen. Gegen diesen Prozess kann sich Gnabry gar nicht wehren.
Folgerichtig wäre er dazu angehalten, sich auf dem Flügel durchzusetzen, was in der Realität gegen Michael Olise und Luis Diaz aber ein extrem schwieriges Unterfangen ist. Bliebe noch die ursprünglich geplante Rolle als Kane-Backup. Hier möchten die Münchner aber auch auf Jonah Kuss-Asare setzen.
Mit 30 Jahren ist Gnabry auch kein Youngster mehr, sondern wird früher oder später - vor allem auf den Außenpositionen - leistungstechnisch abbauen. Eigene Talente wie der genannte Kuss-Asare und vor allem Lennart Karl und Wisdom Mike schicken sich hingegen an, bei den Profis durchzustarten. Nick Woltemade dürfte im kommenden Sommer zudem erneut ein Thema werden.
Genau diese Dinge muss der FC Bayern auch im Blick haben, sollte man sich über eine Vertragsverlängerung Gedanken machen.
Das Wichtigste in Kürze
Der Markt bietet außerdem immer wieder junge und talentierte Flügelspieler, die vor einer großen Karriere stehen. Im Vorjahr war ein solcher beispielsweise Desire Doue, in diesem Sommer wäre Malick Fofana eine ganz spannende Option.
Für die Bayern wäre es enorm attraktiv, sich im kommenden Sommer einen solchen Spielertypen zu angeln.
Langfristig betrachtet könnte Gnabry für alle Offensiv-Positionen schon noch einen brauchbaren Backup abgeben - mehr aber wohl auch nicht. Ein solcher darf zum einen nicht zu viel verdienen und muss zum anderen die Rolle mit vollem Elan annehmen. Dann ist eine weitere Zusammenarbeit möglich.
Zunächst einmal muss er aber konstant auf einem Top-Niveau performen, damit sich diese Frage überhaupt stellt.