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Relegation: Wie die SV Elversberg die Gesetze der Wahrscheinlichkeit aushebelt
- Veröffentlicht: 22.05.2025
- 08:38 Uhr
- Justin Kraft
Die SV Elversberg will den historischen Schritt in die Bundesliga gehen. Es wäre der Lohn für beeindruckende Arbeit. Eine Analyse.
Wann immer ein kleiner Klub aus der 2. Bundesliga die Chance hat, in die Bundesliga aufzusteigen, hört man aus Kreisen der Traditionalisten Geraune. In den vergangenen Jahren hat ein recht großer Austausch stattgefunden.
RB Leipzig, die TSG Hoffenheim, der 1. FC Heidenheim oder auch Holstein Kiel sind Klubs, die in der Regel aus unterschiedlichen Gründen wenig Auswärtsfans mitbringen und auch international kein großes Interesse auf sich ziehen. Ebenso wie mancher schon lange in der Bundesliga verankerte Klub – der VfL Wolfsburg beispielsweise.
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Auf der anderen Seite haben sich in diesem Jahrtausend mit Schalke 04, Hertha BSC, 1860 München, dem 1. FC Kaiserslautern, dem Hamburger SV oder dem 1. FC Köln (und einigen mehr) historisch bedeutsame Klubs verabschiedet. Immerhin: Der HSV und Köln kehren in der kommenden Saison zurück.
Mit ihnen um den Klassenerhalt kämpfen könnte dann aber ein Verein, bei dem manch einer wohl wieder die Augen verdrehen dürfte: Die SV Elversberg trifft in der Relegation auf den 1. FC Heidenheim (das Hinspiel am Donnerstag ab 19:50 Uhr live in SAT.1, auf Joyn, ran.de und in der ran-App). Mit im Schnitt 1.224 Auswärtsfans steht die SVE auf dem 16. Platz in der 2. Bundesliga. In der saarländischen Gemeinde Spiesen-Elversberg kommt der Ortsteil Elversberg auf 7.500 von insgesamt 13.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Das Wichtigste in Kürze
Klammert man all den Traditionspessimismus und den verständlichen Hunger nach riesigen Stadien mit beeindruckenden Fankurven aber mal aus, bleibt eine sportliche Geschichte, die extrem beeindruckend ist. Und eine Herangehensweise, die die Bundesliga tatsächlich bereichern könnte.
SV Elversberg: Kluges Investment, klare Identität
Denn Elversberg zeigt, dass mit wenig Strahlkraft, viel Konzept und einem beruhigenden, aber keinesfalls ausufernden Budget viel möglich ist. Natürlich kommt auch die Sportvereinigung im modernen Fußball nicht ohne Finanzspritze aus. Pharmaunternehmer und Ex-Profi Frank Holzer ist nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender, sondern auch seit 35 Jahren Geldgeber.
In der 2. Bundesliga war jedoch häufiger das schnelle und hochattraktive Kombinationsspiel der Elversberger zu begutachten. Die beiden aus Hoffenheim ausgeliehenen Talente Fisnik Asllani (18 Tore, 8 Vorlagen) und Muhammed Damar (9 Tore, 6 Vorlagen) sind mit ihrer technischen Stärke und Beweglichkeit ebenso Garanten für den Erfolg wie der spielstarke Torhüter Nicolas Kristof. Auch Frankfurts 19 Jahre alter Rechtsverteidiger Elias Baum nutzte die Chance, in Elversberg in ruhigem Umfeld wichtige Erfahrung zu sammeln.
Elversberg nahm in den letzten Jahren so etwas wie eine Ausbildungsrolle für einige Bundesligisten ein – füllt diese aber mit einer klaren sportlichen Strategie mit Leben. Ihr Fußball ist ebenso erfrischend wie die Transferpolitik, die mit viel Aufwand und großer Präzision exakt jene Spieler zur SVE bringt, die Steffen für seinen Fußball benötigt.
Damit steht der kleine Provinzklub für vieles, was viele der großen Traditionsklubs in der jüngeren Vergangenheit nicht geschafft haben. Und genau deshalb ist das Geraune der Traditionalisten auch egal, wenn es Elversberg in die Bundesliga schaffen sollte.
Es wäre der Lohn für effizientes, durchdachtes und kluges Arbeiten.
Einzig die Gesetze der Wahrscheinlichkeit gilt es jetzt noch auszuhebeln: In 26 Relegationsduellen setzte sich 20-mal der Bundesligist durch. In elf der vergangenen zwölf Jahre ging der Zweitligist ebenfalls leer aus. Aber wer hätte vor einigen Jahren darauf gewettet, dass Elversberg um den Einzug in die Bundesliga spielen würde? Mit dem Aushebeln von Wahrscheinlichkeiten kennt man sich im Saarland also aus.
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Aus dem sportlichen Bereich hält er sich nach eigenen Angaben aber heraus – und millionenschwere Investments in den Kader wie einst bei den Aufstiegen von Hoffenheim oder Leipzig gibt es auch nicht. Die Transferausgaben in der Aufstiegssaison betrugen 1,15 Millionen Euro, eingenommen hatte man 1,5 Millionen Euro. Tom Zimmerschied war dabei mit 400.000 Euro der Rekordtransfer von Elversberg.
Dass nun der Aufstieg möglich ist, ist der langfristigen Arbeit von Trainer Horst Steffen und Sportdirektor Nils-Ole Book zu verdanken, die seit 2018 im Amt sind. Der eine hat einen attraktiven und offensiven Fußball etabliert, der andere scoutet ihm dafür passende Spieler – oft junge Talente wie einst Nick Woltemade oder Paul Wanner oder Spieler von größeren Klubs, die als gescheitert gelten und dann in Elversberg wieder aufblühen.
Trainer Steffen sagte einst sinngemäß, dass er keinen Fußball spielen lassen wolle, den er nicht auch selbst schauen würde. Diese Prämisse ist der SVS auf dem Feld ganz klar anzusehen.
SV Elversberg: So spielstark wie kein anderer Zweitligist
Die höchste Priorität für ihn ist es, dass sein Team aktiv ist und nicht darauf wartet, auf den Gegner reagieren zu müssen. Das bedeutet in erster Linie, dass Steffen gern Ballbesitzfußball von seiner Mannschaft sieht. Egal, ob ein Gegner tief verteidigt oder ganz hoch anläuft: Elversberg setzt meist auf einen flachen Spielaufbau und ein engmaschiges Kombinationsspiel.
In der 2. Bundesliga wusste er damit den einen oder anderen Gegner zu überraschen. Elversberg scheut das Risiko nicht, spielt oft in die engsten Zonen des Spielfelds, also in zentrale Bereiche. Dort, wo andere Mannschaften zu Pressingerfolgen kommen wollen. Warum? Weil der Trainer sich davon Räume erhofft.
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Schnappt die Pressingfalle zu, konzentriert sich der Gegner mit einer kompakten Formation auf jenen Ort, wo der Ball gerade ist. Dadurch entstehen ballfern Räume. Entweder auf den Flügeln oder zwischen der gegnerischen Mittelfeld- und Abwehrlinie. Befreit sich Elversberg aus dieser Situation, haben sie also eine größere Wahrscheinlichkeit auf einen gefährlichen Angriff, als wenn sie im Aufbau direkt auf den Flügel spielen und dort verweilen. Darauf kann sich die verteidigende Mannschaft viel besser einstellen.
Das Risiko ist enorm. Stimmen Passgenauigkeit oder Passschärfe nicht, drohen Ballverluste, die es dem Gegner erlauben, selbst mit wenigen Kontakten Gefahr zu erzeugen – hier liegt auch die größte Schwachstelle des Systems. Elversberg aber wurde für den Mut belohnt: 64 Treffer erzielte die SVE – zweiter Platz hinter Köln. Beeindruckende 55 Tore fielen dabei aus dem laufenden Spiel und nur eines wurde per Kopf erzielt. Und auch 37 Gegentore sind hinter Köln Bestwert.
Bundesliga-Relegation: Elversberg will die Gesetze der Wahrscheinlichkeit aushebeln
Elversberg mag es flach, schnell und anspruchsvoll. Aber sie wissen sich auch anzupassen. Im DFB-Pokal spielten sie gegen Leverkusen 59 lange Bälle mit nur knapp über 30 Prozent Ballbesitz – 41 davon kamen an. Eine sehr gute Quote gegen einen deutlich überlegenen Gegner. Wenn es notwendig ist, greift Steffen auch auf solche Mittel zurück. Zwar verlor man das Spiel mit 0:3, schlug sich aber dennoch äußerst achtbar.
In der 2. Bundesliga war jedoch häufiger das schnelle und hochattraktive Kombinationsspiel der Elversberger zu begutachten. Die beiden aus Hoffenheim ausgeliehenen Talente Fisnik Asllani (18 Tore, 8 Vorlagen) und Muhammed Damar (9 Tore, 6 Vorlagen) sind mit ihrer technischen Stärke und Beweglichkeit ebenso Garanten für den Erfolg wie der spielstarke Torhüter Nicolas Kristof. Auch Frankfurts 19-jähriger Rechtsverteidiger Elias Baum nutzte die Chance, in Elversberg in ruhigem Umfeld wichtige Erfahrung zu sammeln.
Elversberg nahm in den letzten Jahren so etwas wie eine Ausbildungsrolle für einige Bundesligisten ein – füllt diese aber mit einer klaren sportlichen Strategie mit Leben. Ihr Fußball ist ebenso erfrischend wie die Transferpolitik, die mit viel Aufwand und großer Präzision exakt jene Spieler zur SVE bringt, die Steffen für seinen Fußball benötigt.
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Damit steht der kleine Provinzklub für vieles, was viele der großen Traditionsklubs in der jüngeren Vergangenheit nicht geschafft haben. Und genau deshalb ist das Geraune der Traditionalisten auch egal, wenn es Elversberg in die Bundesliga schaffen sollte. Es wäre der Lohn für effizientes, durchdachtes und kluges Arbeiten.
Einzig die Gesetze der Wahrscheinlichkeit gilt es jetzt noch auszuhebeln: In 26 Relegationsduellen setzte sich 20-mal der Bundesligist durch. In elf der vergangenen zwölf Jahre ging der Zweitligist ebenfalls leer aus. Aber wer hätte vor einigen Jahren darauf gewettet, dass Elversberg um den Einzug in die Bundesliga spielen würde? Mit dem Aushebeln von Wahrscheinlichkeiten kennt man sich im Saarland also aus.