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DFB-Team - Pierre Littbarski: "Gibt keinen Besseren als Kimmich auf der rechten Seite"
- Aktualisiert: 11.10.2025
- 17:04 Uhr
- Tobias Hlusiak
Die deutsche Mannschaft macht beim Sieg gegen Luxemburg Fortschritte. Im Interview mit ran spricht Pierre Littbarski über die ideale Aufstellung der DFB-Elf, den nächsten Gegner Nordirland und die Rolle für Joshua Kimmich. Der Weltmeister von 1990 äußert sich auch zum 1. FC Köln.
Pierre Littbarski verfolgte den 4:0-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Luxemburg am Freitag im Stadion in Sinsheim.
Der Weltmeister von 1990 war dabei durchaus zufrieden mit den Fortschritten der deutschen Mannschaft, die sich für die WM in den USA, Kanada und Mexiko im kommenden Jahr qualifizieren will.
Im exklusiven Interview mit ran spricht "Litti" über die Erkenntnisse des Luxemburg-Spiels, den kommenden Gegner Nordirland und die ideale Aufstellung von Bundestrainer Julian Nagelsmann.
Er gibt auch eine Einschätzung zu seinem früheren Klub 1. FC Köln und Super-Talent Said El Mala ab.
ran: Pierre Littbarski, können die deutschen Fußball-Fans nach dem 4:0-Sieg des DFB-Teams gegen Luxemburg aufatmen?
Pierre Littbarski: Es war für die Mannschaft ganz wichtig, ein Erfolgserlebnis zu haben. Es wurde schnell nach vorne gespielt. Was gar nicht so einfach war, weil Luxemburg erst mit zehn und später dann mit neun Mann verteidigt hat. Da gab es kaum Räume. Klar hätten wir uns ein paar mehr Tore gewünscht. Aber es gab einige Dinge, die mir im Stadion positiv aufgefallen sind. David Raum etwa, der ja nicht das beste Standing bisher hatte, hat in der zweiten Halbzeit die Jungs immer wieder aufgebaut und abgeklatscht. Serge Gnabry hat auch viele gute Aktionen gehabt. Man hat gemerkt, dass die Jungs wollten. Auch wenn noch nicht alles Gold war, war es ein Schritt in die richtige Richtung.
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ran: David Raum hat nach dem Spiel gesagt, dass es seine Aufgabe war, Galligkeit und Willen ins Spiel zu bringen. Ist es ganz wichtig, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann solche Spieler hat, um die Mannschaft mitzureißen?
Littbarski: Das ist natürlich immer ein zweischneidiges Schwert. Die Leistung muss dann auch stimmen. Thomas Müller beispielsweise war immer eine Stimmungskanone, hat aber auch permanent seine Leistung gebracht. David Raum spielt bislang eine super Saison in Leipzig, er ist ein Führungsspieler und hat sich zu einem verkappten Spielmacher entwickelt. Vereinzelt erinnert mich sein Passspiel an Andreas Brehme früher. Jetzt hat ihn auch der Bundestrainer dazu auserkoren, eine Führungsrolle zu übernehmen und ich glaube, das tut der Mannschaft gut. Davon musst du aber noch zwei, drei andere haben. Kimmich, Goretzka, Raum oder Andrich sind die Kandidaten für diese Rolle. Auch Nico Schlotterbeck hat mittlerweile ein ganz anderes Standing und einen Schritt nach vorne gemacht. Er sollte ruhig auch laut sein. Dazu kommen Spieler, die ein bisschen frech sind, wie beispielsweise Karim Adeyemi. Da waren einige Lichtblicke dabei.
ran: Nach der Niederlage in der Slowakei gab es Diskussionen um die Einstellung der Mannschaft. Der Bundestrainer hat davon gesprochen, dass die Basics fehlen. Gegen Luxemburg war das tatsächlich anders. Lag das am Gegner, oder hatten Sie das Gefühl, dass die Mannschaft verstanden hat, worum es jetzt tatsächlich geht?
Littbarski: Ich bin sehr froh, dass man mehr Wert auf die Basics und weniger aufs Taktische gelegt hat. Dass man ins Spiel geht und sagt: Ich mache alles ein bisschen schneller, ein bisschen engagierter. Dann passiert auch mal der eine oder andere Fehler. Aber dann wird die Mannschaft insgesamt ganz anders gesehen. Das ist ganz wichtig.
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ran: Der nächste Gegner ist Nordirland, die die Slowakei geschlagen haben. Das Spiel in Nordirland wird ein Prüfstein für die deutsche Mannschaft. Schätzen Sie das DFB-Team schon stabil genug ein, um der Favoritenrolle gerecht zu werden?
Littbarski: Das wird ein ganz anderes Spiel. Für die Nordiren ist das eine riesige Chance, zuhause für eine Überraschung zu sorgen. Der Bundestrainer weiß natürlich, dass das extrem schwer und kein Selbstläufer wird. Aber ich habe ein besseres Gefühl, als noch nach dem Slowakei-Spiel.
ran: Julian Nagelsmann hat viel probiert in den letzten Wochen und Monaten, gegen Luxemburg wirkte die Aufstellung sehr überzeugend. Glauben Sie, er wird die Mannschaft weiterhin auf jeden Gegner anpassen, oder ist das jetzt eine Grundordnung, bei der er bleibt?
Littbarski: Ich hoffe nicht, dass er die Aufstellung immer wieder anpasst. Zum Beispiel die Viererkette - ich bin der Meinung, dass David Raum wirksamer ist, wenn er nur die Außenseite bearbeiten muss. Jonathan Tah und Nico Schlotterbeck sind für mich die beiden Innenverteidiger, Joshua Kimmich ist der beste Rechtsverteidiger, den ich kenne. Seine Flanken aus dem Halbraum sind extrem gefährlich. Das kann kein anderer. Weder Jamie Leweling noch Nnamdi Collins, der noch nicht so weit ist. Diese Viererkette passt sehr gut zu unserer Mannschaft. Dann muss man sehen, ob man im Mittelfeld Aleksandar Pavlovic oder Angelo Stiller nimmt. Leon Goretzka gefällt mir sehr gut, er bringt Selbstvertrauen vom FC Bayern mit. Das war alles ganz schlüssig. Auch Florian Wirtz auf der linken Seite. Es lief noch nicht alles rund, aber er hatte mehr Ballkontakte als zuletzt in Liverpool. Adeyemi ist sowieso in guter Form, das hat mir gut gefallen.
ran: Sie haben Wirtz gerade angesprochen. Er stand zuletzt in Liverpool in der Kritik, weil ihm bisher noch kein Tor oder eine Torbeteiligung gelungen ist. Wie haben Sie ihn gesehen?
Littbarski: Er hat zuletzt viel befreiter aufgespielt. Auch wenn noch nicht alles geklappt hat, geht es in die richtige Richtung. Er sollte sich einfach nicht verrückt machen lassen. Er hat es immer wieder versucht, ist ins Dribbling gegangen, hat das Risiko genommen. Oft hat nur ein halber Meter gefehlt. Es wird nicht einfach bei Liverpool, auch weil die Mannschaft ein paar Probleme hat. Aber wenn er diese Spielfreude und das Engagement konservieren kann, werden in den nächsten Wochen die Tore automatisch fallen.
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ran: Kimmich haben Sie bereits angesprochen. Es wird immer wieder darüber diskutiert, ob er im Mittelfeld oder als Rechtsverteidiger spielen sollte. Wie sehen Sie das?
Littbarski: Ganz einfach: Wir haben einige gute Sechser und Achter, aber es gibt keinen Besseren auf der rechten Seite. Es geht in diesen Diskussionen ja vor allem darum, wie sehr er das Spiel beeinflussen kann. Und ich bin überzeugt, dass er auch von der rechten Seite sehr viel Einfluss auf das Spiel nehmen kann.
ran: Ein wenig Sorgen bereitet der Sturm. Die drei eingesetzten Mittelstürmer, Nick Woltemade, Jonathan Burkardt und Maximilian Beier, haben alle noch kein Tor im Trikot der Nationalmannschaft erzielt. Könnte das zum Problem für die Mannschaft werden?
Littbarski: Das Spiel gegen Luxemburg war schwierig für Mittelstürmer, weil viel durch die Mitte kombiniert wurde. Da war es sehr eng, sie haben wenige Chancen bekommen. Ich glaube, dass die deutsche Mannschaft für ihr variables Kombinationsspiel einen technisch starken Mittelstürmer braucht. Deswegen würde ich mein Geld darauf setzen, dass Woltemade zur festen Nummer 9 wird, die Last Tore zu schießen aber auf mehrere Schultern verteilt wird.
ran: Die deutsche U21-Nationalmannschaft hat in der EM-Qualifikation unglücklich mit 2:3 gegen Griechenland verloren. Muss man sich Sorgen machen?
Littbarski: Sie haben den Start ins Spiel verschlafen und lagen 0:2 zurück. Sie sind dann eigentlich gut zurückgekommen und haben dann das 2:3 kassiert. Wenn man jetzt auf die Tabelle schaut, ist das schon ein bisschen beunruhigend. Aber es ist noch alles drin und es steckt viel Qualität in der Mannschaft. Wenn ein Said El Mala vom 1. FC Köln erst in der zweiten Halbzeit reinkommt, sagt das schon viel über die Besetzung in der Offensive aus. Ein bisschen mehr Konzentration im Verteidigen des eigenen Strafraums wäre aber wünschenswert.
ran: Said El Mala von Ihrem alten Verein 1. FC Köln erinnert ein wenig an Lukas Podolski, von seinem Werdegang her, wie ihn die FC-Fans annehmen. Trauen Sie ihm einen ähnlichen Weg zu?
Littbarski: Auf alle Fälle! Ohne Poldi auf die Füße treten zu wollen, hat er sogar noch ein paar zusätzliche Qualitäten. Er muss die richtige Mischung zwischen Engagement und Risikofreudigkeit finden. Wenn er da in die richtige Spur findet, kann er eine große Karriere machen. Sein Trainer Lukas Kwasniok wird ihm dabei helfen, um ihm das richtige Rüstzeug mitzugeben.
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ran: Der FC ist gut in die Saison gestartet. Was ist drin für die Kölner in dieser Bundesliga-Saison?
Littbarski: Sie können in der ersten Hälfte der Tabelle landen. Sie haben immer die Möglichkeit, nachzulegen. Eine große Stärke des FC ist die Variabilität. Sie haben in der Spieltaktik verschiedene Möglichkeiten, sie können emotional nachlegen. Trainer Kwasniok wechselt durch, letzte Woche spielt dann auf einmal ganz überraschend Dominique Heintz. Er versteht es, alle bei Laune zu halten. Das ist ganz wichtig. Stimmung, Qualität, Trainer, Verein - das passt im Moment sehr gut. Der FC steht nicht durch Zufall da oben.
ran: Zurück zur Nationalmannschaft. Die U21 fliegt gemeinsam mit der Nationalmannschaft nach Nordirland, die Spieler freuen sich auf die Reise und die gemeinsame Zeit. Was bringt so eine Maßnahme den jüngeren Spielern?
Littbarski: Bei einem Verein wie dem FC Porto haben früher die Nachwuchsspieler unmittelbar neben den Profis trainiert, es gab einen gemeinsamen Kaffeeraum. Dieser Zusammenhalt, diese Einbindung der jüngeren Spieler ist eine klasse Idee. Es zeigt den jüngeren Spielern, wo der Weg hinführen kann.