Formel 1
Formel 1 - Günther Steiner warnt Lewis Hamilton und Ferrari: "Sonst droht es, nach hinten loszugehen"
- Veröffentlicht: 15.05.2025
- 18:49 Uhr
- Andreas Reiners
Der frühere Teamchef Günther Steiner spricht im ran-Interview über die Hamilton-Krise, den Titelkampf, Nico Hülkenbergs schwierige Gegenwart und Mick Schumachers Zukunft.
Das Interview führte Andreas Reiners
Wenn selbst Günther Steiner überrascht ist, muss viel passiert sein. Und das ist tatsächlich so: In der Formel 1 geht es in dieser Saison rund. Vor allem personell.
"Es fühlt sich an wie im Fußball, oder? Kaum läuft’s mal nicht, wird gewechselt", sagt der frühere Haas-Teamchef im ran-Interview, angesprochen auf die Degradierungen von Liam Lawson und Jack Doohan.
Bei Lewis Hamilton plädiert Steiner allerdings für Geduld, auch wenn dieses Attribut ein Widerspruch zur Ferrari-Kultur ist. Doch "aktuell sind wir sehr ungeduldig, ob bei Veränderungen im Team oder bei jungen Fahrern – alles muss sofort funktionieren", meint der Südtiroler: "Man muss Lewis Zeit geben. Natürlich, und da muss man ehrlich sein, haben sich beide Seiten mehr erwartet. Aber die Formel 1 ist ein unglaublich komplexer Sport. Nichts ist einfach, schon gar nicht der Erfolg."
Das gilt auch für Nico Hülkenberg, mit dem Steiner sogar Mitleid hat.
"Er ist ein sehr guter Fahrer, aber er sitzt fast immer zum richtigen Zeitpunkt im falschen Auto. Schlimmer geht es kaum", so Steiner, der mit ran zudem über den Titelkampf spricht, seinen Favoriten, Fernando Alonso und Mick Schumacher.
Das Wichtigste in Kürze
Günther Steiner: Ist Hamilton schon gescheitert?
ran: Herr Steiner, ist Lewis Hamilton bei Ferrari schon jetzt gescheitert?
Günther Steiner: Nein, denn man muss einfach manchmal etwas Geduld haben. Aktuell sind wir sehr ungeduldig, ob bei Veränderungen im Team oder bei jungen Fahrern – alles muss sofort funktionieren. Lewis ist nicht dumm, aber natürlich bringt ein Wechsel auch immer Umstellungen mit sich. Und dieser Hype um ihn war gewaltig. Als er letztes Jahr unterschrieben hat, wurde das riesengroß gemacht: Der siebenmalige Weltmeister geht zu Ferrari! Und Ferrari war ja zu dem Zeitpunkt auch sportlich auf einem guten Weg. Da war schnell vom 'Traum' die Rede: Ferrari holt die Konstrukteurs-WM, Hamilton gewinnt seinen achten Titel. Und da es jetzt sportlich nicht läuft, kippt die Stimmung. Plötzlich heißt es: Das war's schon.
ran: Braucht selbst ein Hamilton also eine gewisse Anlaufzeit?
Steiner: Ja, absolut. Man muss Lewis Zeit geben. Natürlich, und da muss man ehrlich sein, haben sich beide Seiten mehr erwartet. Aber die Formel 1 ist ein unglaublich komplexer Sport. Nichts ist einfach, schon gar nicht der Erfolg. Deshalb sage ich: ein bisschen mehr Geduld tut allen gut. Er hat ja immerhin das Sprintrennen gewonnen, wenn auch unter etwas ungewöhnlichen Bedingungen. Gescheitert ist er jedenfalls noch lange nicht. Aber klar, Ferrari und er müssen jetzt gemeinsam in die Spur kommen. Sonst droht es, nach hinten loszugehen.
ran: Wo könnte es denn hinführen, wenn es nicht besser wird?
Steiner: Natürlich wird spekuliert, ob das Ganze vielleicht schon vorzeitig endet. Aber ich gehe nicht davon aus, dass Lewis einfach das Handtuch wirft. Nächstes Jahr kommt ein komplett neues Reglement, da weiß niemand, wie die Kräfteverhältnisse aussehen. Ich bin sicher: Es geht mit Hamilton und Ferrari über 2025 hinaus weiter. Die Verbindung zwischen Teamchef Fred Vasseur und Lewis ist stark, sie kennen sich seit Jahren. Und ja, es gibt emotionale Aussagen nach dem Rennen – aber das ist auch das, was wir als Zuschauer spannend finden. In der Fabrik unter der Woche sieht das meist ganz anders aus: Da wird Klartext geredet, ein Plan gemacht und weitergearbeitet. Wenn sich die Lage nicht bessert, könnte es natürlich Konsequenzen geben – aber davon sind wir, Stand jetzt, weit entfernt.
ran: Sie haben die emotionalen Aussagen erwähnt. Hamilton hat da die Saison zumindest verbal quasi schon abgeschrieben. Wie deuten Sie diese Aussagen?
Steiner: Das war einfach ein Moment der Frustration. Er war enttäuscht, das hat man gespürt. Das war eine emotionale Reaktion direkt nach dem Aussteigen aus dem Cockpit. Aber ich bin mir sicher, Lewis ist jemand, der das reflektiert. Der schaut sich das an und denkt: 'Okay, das war ein emotionaler Moment und jetzt weiter.' So schnell gibt er nicht auf. Sonst wäre er nicht siebenmal Weltmeister geworden. Natürlich, 2025 wird für ihn tatsächlich eine schwierige Saison. Aber wir wissen auch: Im nächsten Jahr wird sich alles ändern, und keiner kann sagen, wer dann wo steht.
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ran: Welche Rolle spielt die Ferrari-Kultur?
Steiner: Bei Ferrari ändert sich die Kultur nicht. Punkt. Wer dorthin kommt, muss sich anpassen, auch ein Lewis Hamilton. Das geht nicht über Nacht. Eine solche Kultur entsteht über Jahrzehnte, nicht in zwei Monaten. Und sich da einzugliedern, ist ein Lernprozess. Genau das sieht man gerade, denn es sind viele kleine Dinge, die zusammenkommen. Und am Ende machen diese Kleinigkeiten die zwei, drei Zehntel Unterschied zum Teamkollegen aus.
ran: In Miami krachte es auch noch am Funk. Brennt bei Ferrari schon der Baum?
Steiner: Ich würde das noch nicht zu hoch hängen. Das war aus meiner Sicht einfach die Hitze des Gefechts. Kein Fahrer will während des Rennens vom Team hören, er solle den Teamkollegen vorbeilassen – denn das heißt ja immer auch: Der andere ist gerade schneller. Und dein erster Konkurrent ist nun mal dein Teamkollege. In Miami kamen dann noch unterschiedliche Reifenmischungen und verschiedene Strategien dazu. Das kann schon mal für Diskussionen sorgen. Die beiden haben sich nach dem Rennen zusammengesetzt und das geklärt. Doch klar ist: Die Leistung muss stimmen. Sonst muss man sich irgendwann auch Gedanken machen, ob es so weitergeht.
Lewis Hamilton und die Ferrari-Krise: Das Problem Erwartungshaltung
ran: Was sind aktuell die größten Probleme bei Ferrari und Hamilton?
Steiner: Ich denke, das zentrale Thema ist die Erwartungshaltung. Die war riesig und sie wurde bisher nicht erfüllt. Dadurch entsteht sofort ein negativer Grundton. Und bevor man wieder nach vorne schauen kann, muss man diesen Druck erst mal loswerden, auf null setzen. Fakt ist aber auch: In Miami war Ferrari nur das fünftschnellste Auto im Feld – das ist nicht wegzudiskutieren. Von den Top zwei oder drei war man da klar entfernt.
ran: Hamilton wird nicht jünger. Ist da langsam vielleicht auch der Lack ab?
Steiner: Lewis wird nicht jünger, aber ich halte ihn nach wie vor für einen sehr guten Fahrer. Auch er selbst hätte gedacht, dass er näher an Charles Leclerc dran sein würde. Aber man darf nicht vergessen: Charles fährt jetzt seit sieben Jahren für Ferrari. Der kennt das Team in- und auswendig, jeden Entwicklungsschritt, jedes Detail. Wenn jemand in der Technikabteilung etwas sagt, weiß Charles sofort, was damit gemeint ist. Lewis kommt in ein neues Umfeld – mit einem extrem eingespielten Teamkollegen. Das braucht einfach Zeit. Und aktuell sieht man eben, wie wertvoll Erfahrung im eigenen Team sein kann.
ran: Ist Leclerc also die Nummer eins?
Steiner: Ferrari hat aktuell eigentlich zwei Nummer-eins-Fahrer. Beide sind auf Top-Niveau, beide sind sehr stark. Generell ist es so, dass abgesehen von Red Bull derzeit kein großes Team einen klaren Nummer-eins-Fahrer hat. Eigentlich haben alle zwei Fahrer, die auf Augenhöhe agieren. Natürlich hat Charles bei Ferrari aufgrund seiner langen Zeit im Team einen gewissen Vorteil. Er kennt die Abläufe, die Leute, das Auto einfach besser, und das nutzt er auch für sich. Und das ist ja auch völlig legitim. Schließlich wäre er nicht da, wenn Ferrari nicht von ihm überzeugt wäre.
ran: Was erwarten Sie vom emotionalen Heimspiel in Imola? Steigt dort der Druck nochmal besonders?
Steiner: Absolut. Ferrari ist in Italien mehr als ein Rennteam, das ist die Nationalmannschaft. Da steht das ganze Land hinter dem Team, und genau deshalb ist der Druck auf Fahrer und Team enorm. Ich hoffe aber, dass Miami eher ein Ausrutscher war. Bei anderen Rennen davor war Ferrari deutlich besser unterwegs. Deshalb hoffe ich, dass in Imola eine gute Atmosphäre entsteht und das Team den Fans vor Ort etwas zurückgeben kann.
ran: Fakt ist, dass andere um den Titel fahren. Wer ist aus Ihrer Sicht derzeit der Mann, den es zu schlagen gilt?
Steiner: Oscar Piastri. Für mich ist er momentan der Favorit auf den Titel. Er fährt extrem konstant, bleibt ruhig, macht kaum Fehler. Talentmäßig steht er Lando Norris in nichts nach – und die beiden sitzen im selben Auto, da ist der Vergleich direkt. Aber Piastri ist im Kopf kühler, macht den ruhigeren Eindruck. Er arbeitet sehr sauber, denkt mit, alles sehr reflektiert. Bei Lando sehe ich manchmal, dass er sich selbst im Weg steht. Deswegen: Wer Weltmeister werden will, muss aktuell an McLaren und Piastri vorbei.
ran: Ist Norris zu nett für den Titel?
Steiner: Ich weiß nicht, ob er wirklich zu nett ist, oder ob ihm dieses Image einfach übergestülpt wurde. Vielleicht hängt es auch mit den vielen Duellen mit Max Verstappen zusammen, bei denen er meist den Kürzeren gezogen hat. Irgendwann wird man in eine Schublade gesteckt: zu weich, zu zurückhaltend. Aber ist es schlimmer, zu lieb zu sein oder zu hart? Ich würde sagen: lieber zu nett. Nur: Mit dieser Einstellung wird es schwer, Weltmeister zu werden.
Formel 1 2025: Das Power Ranking nach Miami - Piastri ist, was Norris gerne wäre
Steiner: Lando ist nicht der Typ, der plötzlich ausrastet
ran: Wann kracht es zwischen Norris und Piastri?
Steiner: Die Chemie zwischen den beiden stimmt eigentlich. Teamchef Andrea Stella macht das sehr gut, er hält die Balance im Team. Und Lando ist nicht der Typ, der plötzlich ausrastet oder aggressiv agiert. Natürlich, wenn er merkt, dass er Piastri dauerhaft hinterherfährt und sich dann durchsetzen will, kann es brenzlig werden. Aber aktuell ist das Verhältnis intakt, denn McLaren hat ein echtes Teamdenken etabliert.
ran: Hat McLaren aus den Fehlern des letzten Jahres gelernt, auch in puncto Teamorder?
Steiner: Absolut. Letztes Jahr war für McLaren ein Lernprozess. Sie waren plötzlich ganz vorne mit dabei und haben das vielleicht selbst unterschätzt. Sie waren fast ein wenig zu demütig, haben sich nicht als Titelfavorit gesehen. Das hat zu Fehlern geführt. Aber inzwischen hat sich das geändert. Jetzt glaubt McLaren auch selbst daran, dass sie die Besten sein können – und das merkt man.
ran: Welche Rolle spielt Max Verstappen noch in diesem Titelkampf?
Steiner: Es wird schwer für ihn, in den Kampf um den Titel einzugreifen, jedenfalls solange Red Bull nicht einen Schritt nach vorne macht. Max ist nach wie vor der beste Fahrer im Feld. Wenn einer das Limit verschieben kann, dann er. Aber der Rückstand auf McLaren ist aktuell einfach zu groß. Wenn sich das Auto nicht verbessert oder McLaren einbricht, wird es für Max schwierig, konstant mitzuhalten und um den Titel zu fahren.
ran: Viele spekulieren, dass Verstappen Red Bull nach dieser Saison verlässt. Glauben Sie das?
Steiner: Ganz ehrlich: Ein Wechsel Ende 2025 ergibt für mich überhaupt keinen Sinn. Niemand weiß, wo die Teams 2026 stehen werden, denn das Reglement wird komplett neu aufgestellt. Max ist clever, er wird abwarten. Ich bin überzeugt: Er schaut sich an, wer nächstes Jahr mit dem neuen Konzept vorne ist, und entscheidet dann, um vielleicht 2027 zu wechseln. Aber jetzt zu gehen, wäre ein riesiges Risiko.
ran: Warum?
Steiner: Erstens: Kein Team gibt dir nur für ein Jahr einen Vertrag, auch nicht Max Verstappen. Und zweitens: Du könntest plötzlich in einem Auto sitzen, das dich nicht mal auf das Podium bringt. Also: Abwarten, dieses Jahr noch kämpfen, und dann die Lage sondieren. Er ist ja nicht schlecht unterwegs. Man kann nicht jedes Jahr Weltmeister werden.
ran: Wie intensiv arbeiten die Teams aktuell überhaupt noch am 2025er-Auto, wenn 2026 alles neu wird?
Steiner: Der Fokus verschiebt sich bereits jetzt. Ich höre von mehreren Seiten, dass viele Teams Ende Mai, spätestens aber bis Ende Juni, komplett auf die Entwicklung des 2026er-Autos umstellen werden. Und das ist auch nötig: komplett neue Aerodynamik, neue Mechanik, ein komplett neues technisches Konzept, und das braucht Zeit. McLaren zum Beispiel muss im Grunde nur Details anpassen. Andere wie Ferrari bringen vielleicht noch ein größeres Paket, aber das war’s dann auch. Manche Updates sind also noch in der Pipeline, ein, zwei Teile kommen vielleicht noch vor oder kurz nach der Sommerpause und in den Windkanal gehen die Teams auch. Aber im Großen und Ganzen gilt: Die Entwicklung für 2025 läuft aus, nach der Sommerpause kommt nur noch sehr wenig.
Briatore "wurde geholt, um aufzuräumen, und das tut er"
ran: Dafür herrscht in der Formel 1 generell viel Bewegung. Liam Lawson wurde degradiert, Jack Doohan auch, Franco Colapinto darf sich für ein paar Rennen beweisen. Was ist da los?
Steiner: Es fühlt sich an wie im Fußball, oder? Kaum läuft’s mal nicht, wird gewechselt. Und ja, dieses Jahr ist es besonders extrem. Lawson hatte sogar Glück, dass Red Bull zwei Teams hat – sonst wäre er ganz weg. Und das liegt am gestiegenen Druck. Gerade bei Werksteams wie Alpine ist der Erwartungsdruck enorm. Und wenn du da hinten rumfährst, wollen die Leute Konsequenzen sehen. Doohan hatte sicher auch Pech, aber nicht nur. Diese übermotivierte Aktion in Japan war ein Fehler. Da hat er für nichts ein hohes Risiko genommen.
ran: Die Ablösung von Teamchef Oliver Oakes hat offenbar persönliche Gründe. Für ihn übernimmt jetzt Flavio Briatore, der vorher bereits als Berater tätig war…
Steiner: Der wurde geholt, um aufzuräumen, und das tut er. Die Motorenfabrik ist bereits dicht. Alpine will den Status quo aufbrechen. Der Druck ist heute in der Formel 1 nicht nur durch die sportlichen Erwartungen riesig, sondern auch durch die enorme öffentliche Aufmerksamkeit und Popularität der Serie.
ran: Es wird schon diskutiert, dass er eventuell zu alt sei. Kann das zu einem Problem werden?
Steiner: Viel hat sich eigentlich nicht geändert, außer, dass wir Briatore jetzt wieder öfter in der Öffentlichkeit sehen. Die Strippen hat er bei Alpine ohnehin schon im Hintergrund gezogen. Oliver Oakes war offiziell der Teamchef, aber das war seine erste Rolle als Teamchef in der Formel 1. Da stand er natürlich im Schatten von Flavio. Die Visionen, die Entscheidungen kamen alle von Briatore. Klar, auch Flavio ist nicht jünger geworden, aber er war bei den meisten Rennen ohnehin vor Ort. In China haben wir uns länger unterhalten, und ich muss sagen: Er ist noch ziemlich fit, weiß genau, was läuft. Deshalb sehe ich da kein Problem für ihn, jetzt auch wieder offiziell im Vordergrund zu stehen. Denn am Ende kamen die Ansagen ja sowieso immer von ihm.
ran: Überall knallt es, erstaunlich ruhig ist es aber um Fernando Alonso. Hat er mit der Formel 1 schon heimlich abgeschlossen?
Steiner: Er wirkt fast schon demütig. Ich glaube, er setzt alles auf die kommende Saison. Wenn es 2026 mit dem neuen Reglement nicht klappt, dann war’s das für ihn. Das sagt er sich wahrscheinlich auch selbst. Er ist über 40, hat alles erlebt. Noch ein Jahr gibt er sich, dann zieht er den Schlussstrich.
ran: Wird Aston Martin mit den Investitionen und Adrian Newey im nächsten Jahr denn konkurrenzfähig sein?
Steiner: Das ist möglich. Adrian war immer extrem stark, wenn es darum ging, neue Konzepte zu entwickeln. Er findet schnell die richtige Richtung, weil er auf einen riesigen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Der große Unsicherheitsfaktor bleibt der Motor. Honda ist wieder mit an Bord, und aktuell haben sie ein starkes Aggregat. Ich sehe sie inzwischen fast auf Augenhöhe mit Mercedes und Ferrari. Audi und Red Bull Ford hinken da etwas hinterher, weil sie noch vergleichsweise frisch in der Thematik sind. Honda hingegen hat den Laden wieder hochgefahren. Mal schauen, wie weit sie in kurzer Zeit kommen. Aber Newey für ein komplett neues Auto: Das ist auf jeden Fall ein Faktor, den man ernst nehmen muss.
Steiner: Mir tut Nico wirklich leid
ran: Ihr Ex-Fahrer Nico Hülkenberg ist mit Sauber chancenlos. Haben Sie Mitleid?
Steiner: Mir tut Nico wirklich leid. Er ist ein sehr guter Fahrer, aber er sitzt fast immer zum richtigen Zeitpunkt im falschen Auto. Schlimmer geht es kaum, und das zieht sich wie ein roter Faden durch seine Karriere. Auch bei uns bei Haas war es schwer für ihn. Letztes Jahr lief es etwas besser, aber generell ist es so, dass er es immer schafft, in ein Auto zu kommen, das schlechter ist als das, was er verlassen hat. Ich hoffe, dass Audi ihm nächstes Jahr eine neue Perspektive gibt, aber auch das wird hart. Einen neuen Motor zu entwickeln ist kein Selbstläufer. Auch nicht, wenn man Audi heißt. Trotzdem: Nico verdient Respekt. Er bleibt ruhig, er macht weiter, er gibt nicht auf.
ran: Zuletzt gab es erneut personelle Veränderungen bei Audi. Machen Sie sich Sorgen um das Projekt?
Steiner: Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie weit sie inhaltlich wirklich sind. Mattia Binotto ist ein sehr kluger Mensch. Er hat sich alles in Ruhe angesehen, beobachtet, analysiert und dann entschieden: Hier braucht es Veränderungen. Und genau die hat er nun angestoßen. Ich weiß nicht, wo Audi aktuell steht, und auch wenn ich mit Mattia oft spreche, frage ich ihn bewusst nicht nach Details. Ich will nicht derjenige sein, auf den später alle zeigen, wenn etwas durchsickert.
ran: Aber man sieht ja auch so, dass sehr viel gegen einen halbwegs guten Start 2026 spricht…
Steiner: Fakt ist: Das Projekt ist schleppend angelaufen. Immer wieder gab es neue Anläufe, Umstrukturierungen, personelle Wechsel statt eines klaren 'Jetzt legen wir los' war es ein Schritt vor, dann zwei zurück, mal links, mal rechts. Beim diesjährigen Auto sieht man ja, wo man steht, das ist auf der Strecke nicht zu übersehen. Bleibt zu hoffen, dass das neue Konzept für 2026 deutlich besser funktioniert. Was den Motor angeht? Da habe ich keinerlei Einblick. Und ehrlich gesagt wissen die Teams selbst oft nicht, wo sie im Vergleich zur Konkurrenz stehen.
ran: Mick Schumacher wird mit Cadillac in Verbindung gebracht. Ist das realistisch?
Steiner: Cadillac sucht offenbar Fahrer mit Erfahrung, und da passt Mick durchaus ins Profil. Auch Sergio Perez ist sicher ein Kandidat, vielleicht auch Valtteri Bottas, wobei ich mir nicht sicher bin, ob der sich das wirklich nochmal antut. Neue Teams brauchen Zeit, man fährt anfangs eher hinterher und Bottas kennt das Spiel von Sauber nur zu gut. Zhou Guanyu ist auch ein Kandidat, und die Amerikaner sind aktuell offenbar ein wenig von ihrer früheren Idee abgerückt, unbedingt einen US-Fahrer wie Colton Herta haben zu wollen. Deshalb: Für Mick könnte es bei Cadillac gut passen.
ran: Was könnte Schumacher Cadillac bringen?
Steiner: Zwei Jahre Formel-1-Erfahrung, dazu ist er noch relativ jung. Außerdem ist er durch die Sportwagenrennen im Rhythmus geblieben. Und seine Arbeit bei Mercedes, vor allem im Simulator, dürfte auch Cadillac helfen, weil er so auch technisch einiges mitbringt.
ran: Wie groß ist der Faktor Name für Cadillac?
Steiner: Sehr klein. Natürlich kennt man Michael Schumacher, denn er ist eine globale Legende. Aber diese emotionale Bindung, wie wir sie in Europa zum Namen Schumacher aben, ist dort nicht mehr so präsent. Dafür ist zu viel Zeit vergangen.
ran: Wie problematisch ist die Pause, immerhin ist er 2022 sein letztes F1-Rennen gefahren?
Steiner: Er würde sich schnell wieder zurechtfinden. Klar, die Formel 1 ist nochmal ein anderes Level, aber durch seine Einsätze im Sportwagen bleibt er im Rennmodus. Das ist wichtig, damit man das Gefühl immer wieder bekommt, diesen Adrenalinschub. Deshalb halte ich die Pause für wenig problematisch.